Ortsgruppe Gailingen

Das sind Elemente des Lebensturmes

Für den Bau und die Gestaltung eines Lebensturmes gibt es keine festen Vorgaben. Der handwerklichen Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Wir beschreiben hier die Elemente des Gailinger Lebensturmes, den Helferinnen und Helfer des BUND Gailingen Anfang 2020 gebaut haben. Du kannst das Bild herunterladen und weiterverbreiten.

Es gibt auch auf anderen Webseiten gute Beschreibungen, wie man einen Lebensturm bauen kann, zum Beispiel lebensturm.ch. Nützlich ist auch diese Zeichnung.

Das Gerüst des Turmes

Zum Bau des Gerüstes des Lebensturmes benötigen wir vier starke Holzstangen (z.B. Akazie oder Kastanie). Die Stangen sind etwa 4 Meter lang und müssen mindestens 0,6 Meter in die Erde eingegraben werden. Wir haben dabei nicht betoniert, sondern die Stangen in grobem Schotter eingebettet. Für die Zwischenböden haben wir Fichtenplanken und Akazienstämmchen verwendet.

Der Bau der Etagen

Die Querhölzer dienen dazu, zugleich den Turm zu stablisieren und Etagen einzurichten. Wir haben vier Etagen eingezogen, die einen Abstand von 50 bis 80 Zentimeter aufweisen. Die Etagen werden mit Stroh, Schnittgut (Zweige, Reisig, Chinaschilfgras), Altholz und Nistmöglichkeiten für verschiedene Tiere gefüllt.

Steine und Trockenmauern

Am Boden
In den Fugen von losen Steinen oder mörtellos gebauten Trockensteinmauern finden Reptilien wie Eidechsen und Schlangen ein Quartier. Sie verstecken sich hier oder wärmen sich auf den besonnten Steinen auf. Nischenbrüter nützen die Hohlräume als Brutplatz. Die Vegetation auf einer Steinmauer zieht aber auch Insekten wie Wildbienen und Hummeln an. Schneckenhäuser von Weinbergschnecken und den kleineren Schnirkelschnecken bieten ebenfalls Unterschlupf für Wildbienen. Man sollte sie auf dem Boden zwischen die Steine verteilen – nicht direkt im Lebensturm.

Laub für die Igel

Am Boden
Laub ist ein Anziehungspunkt für viele Tiere und ein wichtiges Element nicht nur im Nützlingsparadies Lebensturm. So wird dieser Ort als Schlupfwinkel, Überwinterungsquartier, Brutzone, Versteckplatz oder Nahrungsquelle genutzt. Unter dem Gailinger Lebensturm entstand ein Laubhaufen für den Igel, der auch von Säugetieren wie Mäusen bewohnt werden kann.

Hummelkasten

Am Boden
Einen Hummelkasten kann man kaufen (zum Beispiel Schwegler) oder selber machen. Die Füllung des Kastens besteht aus Laub, Sägespänen, Tierstreu, Moos, Polsterwolle oder Wiesenheu. Der Hummelkasten muss am Boden stehen, weil die Hummeln an sich in unbewohnten Mäuselöchern brüten – am Boden eben.

Lehmkisten für bodenbrütende Wildbienen

Auf einer Etage
Drei Viertel der Wildbienen sind bodenbrütende Arten. Sie benötigen offene, lehm- und sandhaltige Böden. Wir imitieren diese Situation mit lehmbefüllten Holzkisten. Es ist nicht schwer, solche Kisten selber zu bauen. Man kann Lehm selber sammeln oder kaufen (z.B. Lehm-Oberputz fein von Claytec). Der selbst gesammelte Lehm sollte möglichst keine Steine enthalten, da sich die Wildbienen sonst ihre Mandibeln zu stark abnutzen. Nach dem Trocknen sollte der Lehm mit dem Fingernagel leicht entfernt werden können.

Bambusrohre und Bohrlöcher im Holz

Auf einer Etage
Bambusrohre eignen sich bestens als Brutstätten für Wildbienen. Man muss darauf achten, dass das Rohr nach hinten geschlossen ist (also ein Internodium bestehen bleibt). Löcher im Hartholz (zum Beispiel Buche, Kirsche, Esche) sind ebenfalls beliebte Eierablagestellen. Nadelholz ist wegen seiner Harzeinschlüsse ungeeignet. Wir wählten Bohrdicken von 2 bis 9 Millimeter, wobei die zwischen 3 bis 6 Millimeter mengenmäßig dominieren sollen. Faustregel: Die Bohrtiefe sollte mindestens das Zehnfache des Bohrdurchmessers betragen, der Abstand zum Nachbarloch etwa 2 Zentimeter. Ausrichtung: Süden.

Totholz ist Leben

Auf einer Etage
In einem Lebensturm finden Nützlinge und Kleintiere viel Baumaterial. Altes morsches Holz eignet sich für Holzbienen und Käfer und ist auch gutes Baumaterial für Hornissen und Wespen. Strauchschnitt (frisch oder getrocknet) sowie Äste können zu einem Bündel geschnürt und in den Lebensturm gelegt werden. Dichtes Geäst kann als Brutplatz für Amsel, Zaunkönig oder Grauschnäpper dienen.

Heu, Gras und Stroh

Auf einer Etage
Ein mit Stroh gefüllter Blumentopf bildet ein Zuhause für Ohrwürmer. Er sollte aber in gehörigem Abstand zu den Nistgelegenheiten der Wildbienen hängen. Auch Florfliegen mögen Stroh. Holzwolle, Chinaschilf oder Heu sind weitere Materialien, an denen Käfer oder Insekten Gefallen finden. Man kann solche Materialien in gut befestigten Kästen auslegen. Markhaltige Pflanzenstängel (z.B. Brombeere, Himbeere, Disteln, Königskerze, Kletten, Sommerflieder, weniger besiedelt werden Holunderzweige) für Wildbienen sind aufrechtstehend und einzeln (nicht in Bündeln) im Abstand von mindestens 10 Zentimetern am oder in der Nähe des Lebensturmes anzubringen.

Die «Meisenresidenz», der «Dreilochkasten» …

Auf einer Etage
Der Nistkasten im ersten Bild, der wie ein Tropfen aussieht, heißt Meisenresidenz. Er eignet sich zum Beispiel für Kohl-, Blau-, Sumpf-, Tannen- und Haubenmeisen, aber auch den Gartenrotschwanz, Kleiber, Trauerschnäpper, Wendehals oder Feld- und Haussperling, eventuell sogar für Fledermäuse. Die Nisthöhle Dreiloch verfügt über einen integrierte Katzen- und Marderschutz (z.B. für Blau-, Sumpf-, Tannen- und Haubenmeise, aber auch für Fledermäuse). Die Nistkästen sollten möglichst auf der südöstlichen Seite des Lebensturmes an den Pfeilern aufgehängt werden (mardersicher).

… und der Nistkasten für Florfliegen

Auf einer Etage
Florfliegen mögen die Farbe Rot. Diese Farbe bildet das bunteste Element unseres Lebensturmes. So unscheinbar Florliegen sein mögen – sie haben eine grosse Bedeutung als Vertilger von Blattläusen. Florfliegenkästen werden am besten mit Stroh gefüllt. Man kann Florfliegenkästen kaufen, aber es ist nicht schwer, sie selber zu bauen. Im Internet finden sich gute Beschreibungen.

Die Eingrünung des Lebensturmes

Um weitere Strukturen anzubieten, kann man den Lebensturm eingrünen. Ideal sind kletternde Wildrosen oder früh blühende Waldreben. Diese bieten ein entsprechendes Pollenangebot und Nahrung im Herbst. Die Pflanzen müssen anfangs bis zum Anwachsen regelmässig gewässert werden.

Weitere Tipps

Wer einen Lebensturm bauen will, fängt am besten rechtzeitig damit an – schon im Herbst. Denn dann ist genügend Zeit, das Material in Ruhe zu suchen, das man beim Bau des Lebensturmes benötigt, zum Beispiel:

• Unbehandelte Stämme (z.B. Akazie, Kastanie)
• Schilfgras
• Bambusrohre
• Stroh und Heu
• Moos, Einstreu, Sägespäne
• Trockenes Laub
• Alt- und Frischholz (Schnittgut)
• Gebrauchte Ziegelsteine
• Natursteine aus der Region
• Nistkästen (rechtzeitig bestellen!)
• Dachpappe oder Ähnliches

Ein frühzeitiger Start ist besonders wichtig, wenn sich eine Schulklasse am Projekt beteiligen will – vielleicht sogar verknüpft mit dem Biologieunterricht. Wie gut das gelingen kann, hat man am Gymnasium Reussbühl (Luzern, Schweiz) gezeigt. Auch kleine Kinder können gut mitmachen. Sie sammeln zum Beispiel Stroh, Äste oder markhaltige Stängel oder verwandeln Blumentöpfe in Behausungen für Ohrwürmer.

Der finanzielle Aufwand für den Bau eines Lebensturmes ist gering. Erforderlich sind unter anderem folgende Hilfsmittel und Werkzeuge:

• Grosse Leiter
• Schubkarre
• Schotter
• Motorsäge
• Bohrmaschine und Akkuschrauber
• Handsäge
• Gartenschere
• Hammer
• Spaten
• Zange
• Befestigungsmaterial (Schnur, Nägel, Schrauben)

Der Lebensturm benötigt ein Dach. Es kann aus einer einfachen Schräge oder einem Giebel bestehen, die zum Beispiel mit Dachpappe abgedeckt werden. Die Vogelhäuser müssen frei hängen und dürfen nicht in den Lebensturm gestellt werden, da sie sonst für Marder und Katzen zugänglich sind. Vogelhäuser sind auf der vom Wetter abgewandten Seite nach Südost auszurichten (wenig Sonne).

Der Lebensturm steht am besten an einer freien, gut besonnten Stelle. Die Umgebung soll vom Frühjahr bis Herbst genügend Nahrungspflanzen bieten und strukturreich sein.

Er soll möglicht ungestört und geschützt sein und nur im Rahmen von geführten Besichtigungen aus der Nähe betrachtet werden können. Eine in geeignetem Abstand platzierte Tafel informiert Fussgängerinnen und Fussgänger über den Turm. Eine feierliche Einweihung und die Information der Medien verhelfen dem Projekt zur nötigen Aufmerksamkeit.

Wenn Sie den Gailinger Lebensturm von nahe betrachten wollen, können Sie sich mit einer E-Mail für eine Führung anmelden.